Autobahn in den Osten von Berlin kostet mehr als anderthalb Milliarden Euro

Mit einem Meterpreis von rund 225.000 Euro gilt die Verlängerung der Autobahn A100 in Berlin schon jetzt als das teuerste Straßenbauprojekt im Land. Jetzt zeichnet sich eine weitere Erhöhung der Kosten ab. Das geht aus einer neuen Schätzung des Bundesministeriums für Verkehr hervor, die der Berliner Zeitung vorliegt. Danach sollen der 16. Bauabschnitt nach Treptow, der gerade entsteht, und der 17. Bauabschnitt nach Lichtenberg, den der Bund plant, mehr als anderthalb Milliarden Euro kosten. Das sind 80 Prozent mehr als vor sieben Jahren ermittelt wurde. „Die Kostenexplosion bei der A100 geht weiter“, sagte Stefan Gelbhaar, Grünen-Bundestagsabgeordneter aus Berlin.

Im Jahr 2016 wurden die Kosten des Gesamtprojekts noch auf 848,3 Millionen Euro geschätzt, rief der Politiker in Erinnerung. Im vergangenen Jahr bezifferte der Bund die nötigen Aufwendungen dann schon auf 1,498 Milliarden Euro. Nun sind rund 27 Millionen Euro hinzugekommen, wie aus der aktuellen Aufstellung des Ministeriums von Volker Wissing (FDP) zu Vorhaben des Bundesverkehrswegeplans hervorgeht. Dort ist von insgesamt 1,525 Milliarden Euro die Rede. Die Verlängerung der A100 vom Dreieck Neukölln zur Storkower Straße in Lichtenberg firmiert als Vorhaben 427.

Weitere Erhöhungen sind zu erwarten. Denn die Berechnung des Gesamtmittelbedarfs basiert auf dem aktuellen Preisstand, wie das Verkehrsministerium schreibt. „Die A100 würde für die Steuerzahler:innen zum Milliardengrab“, so Gelbhaar. „Die Planung ist aus der Zeit gefallen. Die A100-Planung gehört nicht mehr in die Schublade, sondern direkt in den Papierkorb.“

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Streit um die Verlängerung der A100. Ist sie anachronistisch oder notwendig?

Bis zum vergangenen Jahr wurden schon 612,7 Millionen Euro in das Gesamtprojekt investiert. Allerdings ist die Verlängerung der Stadtautobahn in den Osten von Berlin ein Vorhaben, an dem sich die Meinungen scheiden. Autofahrer wünschen sich, dass sie dank der A100 künftig schneller vorankommen. Oliver Igel (SPD), Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, hofft auf eine Entlastung von Wohngebieten. Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) kann sich perspektivisch sogar die Schließung des Autobahnrings vorstellen. Dagegen halten es Gegner des Vorhabens angesichts der Erderhitzung für anachronistisch, eine sechsstreifige Schnellstraße durch die Innenstadt zu schlagen.

Das Teilstück zwischen dem Autobahndreieck Neukölln und der Straße Am Treptower Park ist seit mehr als zehn Jahren im Bau. Der 3,2 Kilometer lange 16. Bauabschnitt ist über die Jahre immer teurer geworden. Wurden die Aufwendungen anfangs auf 312 Millionen Euro geschätzt, geht die Autobahn GmbH des Bundes inzwischen von 720 Millionen Euro aus. Dass die Verlängerung der A100 größtenteils in einem Geländeeinschnitt verläuft, trägt zu den hohen Kosten bei. Der Bund rechnet damit, dass der neue Abschnitt der Stadtautobahn im vierten Quartal 2024 freigegeben wird.

Für die Autobahn müsste ein Teil der neuen Elsenbrücke verschwinden

Noch kontroverser wird der geplante 17. Bauabschnitt diskutiert, der sich in Treptow anschließen würde. Zu ihm gehört eine 4,1 Kilometer lange Autobahn, die durch einen dicht besiedelten Teil von Friedrichshain führen soll. Ein Teil der Elsenbrücke, die bis 2028 neu entsteht, wäre im Weg. Entweder müsste eine Hälfte des künftigen Bauwerks wieder abgerissen werden – oder dieses Teil würde gar nicht erst gebaut. Für den am Ostkreuz geplanten Doppelstocktunnel wurde im Bahnhofsbereich für 19,7 Millionen Euro Vorsorge getroffen. In der Neuen Bahnhofstraße war das nicht möglich. Sie müsste zwischen den Häusern komplett aufgegraben werden. Nördlich der Frankfurter Allee schließen sich 1,6 Kilometer Stadtstraße an. Eine Schule müsste weichen, sagen Kritiker.

„Die zerstörerische Schneise mitten durch Berlin wird immer noch weiter geplant. Koste es, was es wolle“, kritisierte Stefan Gelbhaar. Dabei zeigen Zähldaten der Bundesanstalt für Straßenwesen, dass im Vergleich zur Zeit vor Corona in Berlin immer weniger Auto gefahren wird. Zwischen dem ersten Quartal 2019 und dem ersten Quartal dieses Jahres nahm die ermittelte Verkehrsbelastung in der Hauptstadt um 14 Prozent ab.

Vor diesem Hintergrund bezweifelt der Grünen-Politiker, dass der 17. Bauabschnitt die laufende Wirtschaftlichkeitsuntersuchung bestehen wird. Höhere Kosten, weniger potenzielle Nutzer: Das könnte dazu führen, dass der errechnete Nutzen die Kosten nicht übersteigt. In diesem Fall wäre es nicht zulässig, das Vorhaben mit öffentlichem Geld zu finanzieren. Auch der Mobilitätsforscher Andreas Knie rechnet damit, dass das Vorhaben die Prüfung nicht besteht. Die Autobahn werde „exorbitant teuer“, sagte er. Weil sie in einem Bereich mit schwierigen Grundwasserverhältnissen entsteht, drohten weitere Risiken. Wegen der Baugrube würde die Neue Bahnhofstraße jahrelang blockiert.

Bund will das Genehmigungsverfahren in vier Jahren beginnen

Derzeit wird eine aktuelle Nutzen-Kosten-Analyse durchgeführt, deren Ergebnisse nach dem Abschluss der technischen Planung vorliegen werden, teilte der Bund mit. Das Autobahnprojekt werde weiter vorangetrieben. „Nach Aktualisierung der Vorplanung soll die nächste Planungsstufe im Jahr 2025 beginnen“, hieß es. Das Planfeststellungsverfahren, das zur Genehmigung führen soll, könnte 2027 eingeleitet werden. Wann der 17. Bauabschnitt fertig wird, lasse sich noch nicht sagen.

Wenn an diesem Donnerstag das Plenum des Abgeordnetenhauses zusammenkommt, steht das Thema auf der Tagesordnung. Der Antrag der Grünen trägt den Titel: „Keine Verlängerung der A100 – Planungsstopp für den 17. Bauabschnitt jetzt durchsetzen“. Das Autobahnprojekt sei ein „Relikt der autogerechten Stadt und ein eklatantes Beispiel für eine verfehlte Verkehrspolitik“, so die Fraktion. „A100 stoppen und qualifiziert beenden“: Das ist die Überschrift des Linke-Antrags. Autobahnen in dicht besiedelten Gebieten sind „rückwärtsgewandte Verkehrsprojekte aus dem vergangenen Jahrtausend. Sie schlagen Schneisen der Umwelt- und Kiez-Zerstörung durch Städte“, hieß es.

Auch die Avus-Verbreiterung und die Ortsumgehung Malchow werden teurer

Aus der neuen Kostenaufstellung des Verkehrsministeriums geht hervor, dass auch die Schätzungen für andere Vorhaben des Bundesverkehrswegeplans angepasst worden sind. Ein Projekt betrifft die Avus zwischen Kreuz Zehlendorf und der Anschlussstelle Hüttenweg. Dort plant der Bund seit langem die Verbreiterung auf sechs Fahrstreifen. Obwohl der Nutzen mehr als zehnmal so groß wie die Kosten wäre, hielt der Senat das Vorhaben bislang für nicht dringlich. 2014 wurde die Schließung der 7,1 Kilometer langen Lücke zwischen den übrigen sechsspurigen Abschnitten der A115 auf 126,5 Millionen Euro veranschlagt. Nach aktuellem Preisstand wären es 187,2 Millionen Euro.

Die Avus an der Ausfahrt Hüttenweg: Die Lücke zwischen den sechsspurigen Abschnitten der A115 soll geschlossen werden, doch bislang stufte der Senat das Vorhaben nicht als dringlich ein.

Die Avus an der Ausfahrt Hüttenweg: Die Lücke zwischen den sechsspurigen Abschnitten der A115 soll geschlossen werden, doch bislang stufte der Senat das Vorhaben nicht als dringlich ein.Wolfgang Kumm/dpa

Auch die Kostenschätzung zur Ortsumfahrung Malchow im Nordosten von Berlin hat sich verändert. Sollte der 3,2 Kilometer lange Neubauabschnitt der Bundesstraße 2 nach der Berechnung von 2014 rund 20,6 Millionen Euro kosten, ist aktuell von 30,5 Millionen Euro die Rede. Dieses Straßenbauprojekt befindet sich in der Vorbereitungsphase.

Der Ausbau des westlichen Berliner Rings kommt ebenfalls in der Liste vor. Wurde er 2014 noch auf 568 Millionen Euro veranschlagt, wären es nach aktuellem Preisstand dagegen 840,5 Millionen Euro. Hier gibt es jedoch keinen Zeitplan.

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