„Der Rechtsextremismus mit seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen ist weiterhin die größte Bedrohung für die freiheitliche Demokratie und die öffentliche Sicherheit in Hessen.“ So fasste Innenminister Peter Beuth (CDU) den aktuellen Bericht des Verfassungsschutzes zusammen, den er am Donnerstag gemeinsam mit dem Präsidenten der Behörde, Bernd Neumann, vorgestellt hat.
Danach ist zwar die Zahl der behördlich bekannten Extremisten in Hessen 2022 auf 13.295 Personen gesunken, nach Zuwächsen in den vergangenen Jahren. Das Minus ist aber nur auf leichte Rückgänge bei Islamisten, Linksextremisten und Extremisten mit Auslandsbezügen zurückzuführen. Dagegen stieg die Zahl der Rechtsextremisten um 20 auf 1730. Die sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter verzeichnen einen Zuwachs von 100. Dieser Szene rechnet Beuth jetzt 1100 Personen zu. Deren Waffenaffinität mache sie besonders gefährlich, merkte der Innenminister an.
Er erinnerte aber auch an die Festnahme des mutmaßlichen „Reichsbürgers“ Heinrich XIII. Prinz Reuß und 24 weiterer Personen im Dezember. In einem hochkomplexen Verfahren habe der hessische Verfassungsschutz durch intensive Aufklärungsarbeit einen wesentlichen Beitrag zur Zerschlagung eines mutmaßlichen Terrornetzwerks geleistet. Die Mitarbeiter hätten erste Erkenntnisse akribisch ausgewertet, eigenes Wissen generiert und den Austausch mit Partnerbehörden in Bund und Ländern initiiert. So sei der mutmaßliche Plan eines Staatsstreichs durchkreuzt worden.
Weniger Linksextremisten
Die Herausforderung durch „Reichsbürger“ und Selbstverwalter bleibe hoch, warnte der Unionspolitiker. Die Dynamik der Szene zeige sich im Anstieg des Potentials um 100 Personen. Besonders aktiv sei die vor allem in Sachsen-Anhalt ansässige Gruppierung „Königreich Deutschland“. Im Frühjahr 2022 habe sie den Plan gefasst, ein Lebensmittelgeschäft und eine sogenannte Regionalstelle in Hasselroth im Main-Kinzig-Kreis zu eröffnen.
Ein Mitglied des „Königreichs Deutschland“ habe ein Lokal namens „Rohkosteria“ im Frankfurter Stadtteil Riederwald betreiben wollen. Aufgrund des allgemeinen öffentlichen Drucks hätten die Akteure die Projekte in Hasselroth und in Riederwald aber schließlich aufgegeben. Man müsse weiterhin damit rechnen, dass die „Reichsbürger„ versuchten, Räume in Hessen zu mieten, warnte der Chef des Verfassungsschutzes.
Das personelle Potential des Linksextremismus sei im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2021 zwar um 120 Menschen zurückgegangen. Doch die Zahl der gewaltorientierten Linksextremisten sei mit 600 im vergangenen Jahr nahezu unverändert hoch. Die Bewegung greife immer wieder Themen auf, von denen sie vermute, dass sie damit an nicht-extremistische Teile der Gesellschaft Anschluss finden könne. Eines davon sei der „Antifaschismus“.
Neumann warnte vor möglichen Konfrontationen zwischen Rechts- und Linksextremen. Der Verfassungsschutz beobachte außerdem, dass Linksextremisten den Klimaschutz für ihre Zwecke zu instrumentalisieren versuchen. „Sie versuchen dabei gezielt Einfluss auf friedliche Bewegungen zu nehmen“, berichtet Neumann.
„Klimakleber“ werden nicht beobachtet
Gruppierungen, die sich für den Klimaschutz engagieren, fielen nicht unter den gesetzlichen Beobachtungsauftrag des Verfassungsschutzes, auch dann nicht, wenn sie Straftaten begingen. Erst wenn sich solche Gruppierungen ideologisch oder in ihren Handlungen verfassungsfeindlich radikalisierten oder durch Linksextremisten beeinflusst würden, sei die Behörde zuständig.
Vor allem zu Beginn von notwendigen Räumungs- und Rodungsarbeiten komme es immer häufiger zu Straftaten. Verübt würden sie von in Teilen radikalen und gewaltorientierten Waldbesetzern sowie einer linksextremen Klientel, die zunehmend aus allen Teilen des Bundesgebietes und auch aus dem europäischen Ausland Unterstützung erhalte. Dies habe man beispielsweise zu Anfang des Jahres bei den Rodungsarbeiten im Fechenheimer Wald in Frankfurt festgestellt. Linksextremisten sähen in der Regel auch den Staat als „faschistisch“ und damit als „bekämpfenswert“ an, so Neumann.
Er hielt fest, dass es zuletzt keine islamistisch motivierten Anschläge gegeben habe. „Die Gefahr, dass sich insbesondere isoliert handelnde Personen von der Propagandamaschinerie terroristischer Gruppierungen wie dem sogenannten ‚Islamischen Staat‘ zu Gewalttaten inspirieren lassen, ist aber nach wie vor gegeben.“
Die Sicherheitsbehörden gingen daher weiterhin mit aller Entschlossenheit gegen den gewaltorientierten Islamismus vor. Neumann erwähnte die Durchsuchung von 15 Objekten im Mai 2023. Sie hätten im Zusammenhang mit einem wohl international operierenden Netzwerk gestanden, das im Verdacht stehe, den Terror des „Islamischen Staats“ durch Spenden zu fördern.
Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine habe der hessische Verfassungsschutz seine Aufmerksamkeit auf verstärkte Spionageaktivitäten staatlicher Akteure aus dem Ausland gelenkt. Der Schutz der Wirtschaft gehöre als präventiver Teil der Spionageabwehr zu den Aufgaben des Verfassungsschutzes, erklärte Neumann. Das Land sei herausgefordert, stellte Beuth fest, „sowohl von innen als auch von außen“.
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