So fragwürdig sind die Subventionen

Die Industrie wirft alles in die Waagschale, um der Ampelkoalition endlich einen Strompreisrabatt abzuringen. Kein Tag, an dem nicht aus der Spitze von Konzernen, Verbänden, Gewerkschaften mit dramatischem Unterton ein staatlich garantierter Preis von höchstens sechs Cent je Kilowattstunde gefordert wird – um die Industrie zu schützen und den Aufbau „strategisch“ wichtiger Zukunftstechnologie zu ermöglichen, etwa Batterieproduktion.

Gewarnt wird vor einem Dominoeffekt auf die ganze Wirtschaft, falls energieintensive Grundstoffindustrie wie Chemie, Stahl oder Glas abwandere. Dann entstünden Abhängigkeiten von Ländern, die wenig demokratisch seien. Die schwache Konjunktur verleiht dem Anliegen wettbewerbsfähiger Strompreise zusätzliche Dringlichkeit.

International nicht konkurrenzfähig

Am Befund gibt es auch wenig zu deuteln. Schon vor dem Ukrainekrieg war der deutsche Strompreis, aufgebläht durch Steuern und Umlagen, international nicht konkurrenzfähig. Als Antwort auf den Unmut der Wirtschaft verlagerte die Ampelkoalition die teure Umlage für die erneuerbare Energie von den Stromkunden in den Bundeshaushalt.

Allerdings wurde die Entlastung schnell vom Energiepreisschock überlagert, den Putins Aggression ausgelöst hat. Für Strom zahlten Großabnehmer 2022 im Schnitt 20 Cent, mittlere Betriebe in der Spitze mehr als 50 Cent. Auch wenn die Preise wieder gesunken sind, liegen sie höher als vor dem Krieg. Die Energiekosten führen die Sorgenliste der Unternehmen nun mit Abstand an, wie die F.A.Z.-Elite-Umfrage gezeigt hat. Der Ampel nimmt man übel, dass sie trotz der Energiekrise die letzten Atommeiler abschalten ließ.

Schon um den Schwarzen Peter für den verfehlten Atomausstieg loszuwerden, wirbt der grüne Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck an der Seite der Industrie für einen „Brückenstrompreis“. Geht es nach ihm, garantiert der Bund für 80 Prozent des Stromverbrauchs energieintensiver Betriebe einen Deckel von sechs Cent je Kilowattstunde – bis genug günstiger Strom aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung steht. Aus Habecks Sicht sollten die Zuschüsse bis 2030 fließen, geschätzt rund 30 Milliarden Euro.

Zum Glück sperrt sich die FDP in Gestalt von Finanzminister Christian Lindner, auch der SPD-Kanzler zögert, obwohl ihm Partei und Fraktion im Nacken sitzen. Aber so berechtigt die wachsende Sorge um den Standort ist, nicht nur mit Blick auf hohe Strompreise, so berechtigt sind Zweifel am Segen einer Dauersubvention der Produktion. Gegen den Stromrabatt sprechen schon die grundlegenden ordnungspolitischen Vorbehalte gegen Staatshilfen: Diese sind schneller eingeführt als abgeschafft. Sie bergen oft Abgrenzungsprobleme, wirken daher wettbewerbsverzerrend und diskriminierend. Finanziert über Schulden, steigern sie die demographische Last der Jüngeren noch.

Eine Brücke ins Nichts

Ernst nehmen sollte die Regierung auch die Warnung, dass die als „Brücke“ deklarierte Hilfe ins Nichts führen könnte. Deutschland wird nach Ansicht vieler Ökonomen durch den Ausbau der Erneuerbaren kein günstiger Energiestandort werden, da Sonne, Wind und Wasserkraft anderswo ergiebiger sind – und höhere Systemkosten anfallen, um die dezentrale, wetterabhängige Versorgung zu stabilisieren. Ein dauerhafter Kostennachteil im Vergleich zu den USA oder China ist überdies der EU-Emissionshandel, der für steigende CO2-Preise sorgt. Manch energieintensive Produktion wird sich also auch in grüner Zukunft hierzulande nicht mehr rechnen. Die Stromsubvention hätte dann unwirtschaftliche Strukturen konserviert statt zukunftsträchtige.

Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium spricht sich deswegen klar dagegen aus und weist auf einen weiteren Fallstrick hin. Es gebe in der EU schon eine Strompreiskompensation für energieintensive Unternehmen, eine zusätzliche für die deutsche Industrie sei daher kritisch zu sehen. Weiter gedacht, stellt sich auch die Frage, ob Thyssenkrupp, das zwei Milliarden Euro für die Umstellung auf klimaneutralen Stahl erhält, noch Stromrabatt braucht – oder andere Konzerne, die über staatliche Transformationsschecks verhandeln.

Statt sich mit dem Industriestrompreis im Subventionsgestrüpp zu verheddern, sollte die Ampel ihre Ressourcen nutzen, um den Standort für alle attraktiver zu machen. Ein Verzicht auf die Stromsteuer entlastete Unternehmen und Bürger um sieben Milliarden Euro. Will sie für Unternehmen gezielt mehr tun, sollte sie das Wachstumschancengesetz erweitern, das Lindner angekündigt hat. Die hier geplante Investitionsprämie könnte wuchtiger ausfallen. Dringlich wartet die transformationsgeplagte Wirtschaft aber auch auf ein Belastungsmoratorium. Was läge näher, als damit endlich Ernst zu machen?

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